Der Dreh mit der Bilddrehung – Wie Ihre Porträtfotos Schwung bekommen

Was in der 80er Jahren, exzessiv vorangetrieben von der Lifestyle-Zeitschrift Tempo, für Irritationen sorgte, ist heute eine vertraute Sehgewohnheit: das schräg gestellte Porträt. Was lange nur der Modefotografie vorbehalten war hat inzwischen sogar die Pressefotografie erobert. Bei genauerem Hinsehen geht es hierbei inzwischen nicht nur um eine kurzlebige Spielerei.

Die Wirkungen der Bilddrehungen

Es ist nur eine kleine Sache, die wenig Arbeit bereitet. Mit nachträglichen Schrägstellungen von Gesichtern in der Bildbearbeitung können Wirkungen erzeugt werden, auf die ein Fotograf nicht verzichten sollte. Zunächst hebt die Schrägstellung die horizontale und vertikale Statik auf. Genau das erzeugt einen Konflikt zwischen der „natürlichen“ Sehgewohnheit und dem, was wir auf dem Foto sehen und visuell einordnen wollen. Wie immer in der Grafik und Fotografie sorgen Konflikte für Spannung. Aus einem als statisch langweilig empfundenen Foto wird in der Schrägstellung plötzlich ein Foto, das Bewegung und damit mehr Lebendigkeit vermittelt. Mit dieser Dynamik ist in der Porträtfotografie noch eine überraschende, viel weiterreichende Wirkung herzustellen: Die Bewegung durch Schrägstellung verändert scheinbar den Charakter der abgebildeten Person.

 

Bilddrehung
Das Beispiel zeigt drei Ausfertigungen desselben Fotos. In der Bildbearbeitung wurde das linke statische Foto einmal nach links und einmal nach rechts geneigt

Entsprechend unserer Lesegewohnheit „lesen“ wir auch Gesichter auf Fotos von links nach rechts. Eine Neigung des Kopfes nach links vermittelt mehr Zugewandtheit, aber auch bei zu starker Neigung nach links Nachgiebigkeit Die Drehung desselben Bildes nach rechts, lässt dieselbe Person jetzt selbstbewusster und forscher erscheinen. Wird hier „überdreht“, erweckt die abgebildete Person den Eindruck, man habe es mit einem übermütigen Draufgänger zu tun. Natürlich muss beim Schrägstellen sensibel vorgegangen werden. Zuviel und in die falsche Richtung kann die Aufnahme ruinieren. Es ist immer wieder spannend zu erleben, für welche Version sich ein Porträtierter am Ende entscheidet. Im Idealfall für die, die seinem Wesen mehr entspricht und dieses durch eine sanfte Drehung stärker hervorhebt.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Experimentieren mit der Drehung!

Christian Eggers, 10.12.2014