Aktuelle Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes – Auswirkungen auf die Personenfotografie

Letzte Aktualisierung dieses Beitrages: 19. Juli 2019

Der Bundestag hat am 27. Juni 2019 Änderungen zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) beschlossen. Nachfolgend geht es darum, welche Auswirkungen diese Änderungen im Rahmen des zweiten Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die DSGVO (2. DSAnpUG-EU) für die Personenfotografie im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings mit sich bringen kann.

Praktische Erleichterung bei der Einholung von Foto-Einwilligungen Beschäftigter – Schriftform entfällt

Zur Anfertigung und Nutzung von Fotos Beschäftigter war bisher nicht eindeutig geklärt, ob die Einwilligungserklärung der Unterschrift (Schriftform) bedarf. § 26 Absatz 2 Satz 3 BDSG-neu enthielt die Wörter „bedarf der Schriftform“.  Die DSGVO aber sieht ein Schriftformerfordernis nicht zwingend vor. Nunmehr wurde klargestellt, dass die Einwilligung „schriftlich oder elektronisch zu erfolgen“ hat. Das hat für die Praxis zur Einholung der Fotoeinwilligungen Beschäftigter eine Erleichterung zur Folge. Denn, so ein Beispiel in der Begründung zur Änderung, genügt es jetzt, dass der Arbeitgeber die eindeutige Zustimmung des Arbeitnehmers durch Mitteilung in einer E-Mail erhalten kann und diese dann abspeichert.

Verarbeitung „sensibler Daten“ ohne Vorliegen einer Einwilligung

Art. 9 DSGVO sieht nur in wenigen Ausnahmefällen die Verarbeitung von Daten sogenannter „besonderer Kategorien“ (sensibler Daten) ohne die Einwilligung der Betroffenen vor und schließt damit deren Verarbeitung auf anderen Rechtsgrundlgen aus. Mit der aktuellen Ergänzung und Änderung des § 22 BDSG ist es auch privaten Organisationen möglich,  Daten, aus denen der Gesundheitszustand, politische Überzeugungen oder auch eine Religions- oder Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, ohne Einwilligung zu verarbeiten, wenn dieses aus „Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses zwingend erforderlich ist“.

Ein (neuer) Erlaubnistatbestand zur Anfertigung und Nutzung von Personenfotos zur Öffentlichkeitsarbeit oder journalistischen Zwecken lässt sich nicht aus der Intention der neuen Regelung begründen:

„Die Änderungen dienen dazu, dass nicht nur öffentliche Stellen, wie es die bisherige Regelung in § 22 Absatz 2 Buchstabe a BDSG vorsieht, sondern auch nichtöffentliche Stellen besondere Kategorien personenbezogener Daten nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 verarbeiten dürfen, wenn dies aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses zwingend erforderlich ist. Ein solches zwingendes Erfordernis kann etwa bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten mit Religionsbezug durch zivilgesellschaftliche Träger im Rahmen von Präventions- und Deradikalisierungsprogrammen im Bereich religiös motiviertem, insbesondere islamistischem, Extremismus bestehen. Die Zusammenarbeit von öffentlichen Stellen auf Bundes- und Landesebene mit zivilgesellschaftlichen Beratungsträgern im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie der Terrorismusbekämpfung im Phänomenbereich hat sich bewährt. Die vorgenommene Änderung ermöglicht den auch im öffentlichen Interesse tätigen privaten Trägern, sensible Daten zu verarbeiten und ihrem Beratungsauftrag nachzukommen. Ein erhebliches öffentliches Interesse, das die Verarbeitung besondere Kategorien personenbezogener Daten nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zwingend erforderlich macht, ist etwa auch denkbar im Bereich der Bekämpfung von Pandemien oder im Rahmen des Katastrophenschutzes.“ (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU, Begründung der Ergänzung, Seite 210)

Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke staatlicher Auszeichnungen und Ehrungen

Ein nicht seltener „Standard-Fototermin“ im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit sind Ehrungen und Auszeichnungen wie etwa Ordensverleihungen. Der jetzt eingefügte § 86 BDSG sieht ausdrücklich vor, dass zur „Vorbereitung und Durchführung staatlicher Verfahren bei Auszeichnungen und Ehrungen“  sowohl die zuständigen als auch andere öffentliche und nichtöffentliche Stellen die dazu erforderlichen personenbezogenen Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz1 DSGVO, auch ohne Kenntnis der betroffenen Person verarbeiten dürfen.

Aber auch aus dieser Ergänzung ist nicht herzuleiten, dass damit eine „Fotoerlaubnis“ zum Beispiel bei einer Veranstaltung zur Verleihung eines Verdienstkreuzes verbunden ist. Denn in der Begründung wird eine „strenge Zweckbindung“ der Verarbeitung  „zur Vorbereitung und Durchführung staatlicher Verfahren bei Auszeichnungen und Ehrungen“ beschrieben, die allein dazu dient, die einer Person zugrundliegenden Verdienste als Information zu erheben, ohne dass die Person Kenntnis von der Datensammlung erlangt.

Entschließungsantrag zur Gesetzgebung eines „Meinungsprivilegs“

Artikel 85 DSGVO fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Einklang zu bringen. Der Bundestag hat im Zuge der Beratungen zum 2. DSAnpUG-EU die Bundesregierung dazu aufgefordert einen Regelungsvorschlag vorzulegen. „Zahlreiche Blogger und andere freie Journalisten hatten immer wieder eingefordert, diese Regelungslücke zu schließen.“ Mit dem Antrag fordert der Bundestag die Bundesregierung zu einem Gesetzesentwurf auf. Rechtsverbindlich ist diese Entschließung nicht (Link zur Beschlussempfehlung, Deutscher Bundestag, Drucksache 19/11181, Seite 15).

Fazit

Der für die Öffentlichkeitsarbeit erlösende Knall zur Lockerung der DSGVO ist im aktuellen Anpassungsgesetz ausgeblieben. Eine endlich Rechtssicherheit schaffende Klarstellung zum Verhältnis KUG zur DSGVO ist nicht erfolgt. Was noch viel schwerer wiegt: Der in der DSGVO ausdrücklich vorgesehene Ausgleich zwischen Datenschutz und Meinungsfreiheit (zu deren Ausübung auch das Bild zählt) ist im zweiten Anlauf zur Anpassung der DSGVO an nationales Recht ausgeblieben.    

Christian W. Eggers, 8. Juni 2019. Letzte Aktualisierung: 11. Juni 2019