(Letzte Aktualisierung am 24. Januar 2019)
Das nachfolgend gezeigte DSGVO-Prüfungsschema zur Verantwortlichkeit bei Fotoaufträgen bezieht sich auf die Datenerhebung, also auf das Erstellen der Fotos. Die vier in der Grafik visualisierten Fälle sind exemplarisch für Fotoproduktionen zur Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen und öffentlichen Stellen.
An den vier Beispielen zur Datenerhebung, die in der Regel am Anfang einer Kette von Datenverarbeitungen unterschiedlicher Beteiligter steht, können Sie leicht erkennen, welche Rechtsfolgen die verschiedenen Konstellationen der Zusammenarbeit bei Fotoaufträgen auslösen.
Leserinnen und Leser, die es genauer wissen wollen, können mit den Erläuterungen zum Prüfungsschema tiefer in die Materie einsteigen
Fotoanfertigung durch Arbeitnehmer – Spalte 1 der Grafik
Soweit Unternehmen und öffentliche Stellen Fotoaufträge durch Arbeitnehmer ausführen, ist wie im Beispiel der Spalte 1 der Grafik, die Datenerhebung (das Anfertigen der Personenfotos) dem Unternehmen zuzurechnen. Der Arbeitnehmer scheidet als Beteiligter der Datenerhebung aus. Denn das Unternehmen und nicht der Fotograf im Beschäftigtenstatus entscheidet über Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung (Art. 4 Nr. 7 DSGVO).
Wird die Erstellung der Fotos also allein durch angestellte Mitarbeitende des Unternehmens oder der öffentlichen Stelle vorgenommen, ist das Unternehmen bzw. die öffentliche Stelle als juristische Person im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) allein Verantwortlicher für die Datenerhebung.
Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Mitarbeiterfotos
Das Erstellen von Personenfotos ist eine Datenerhebung personenbezogener Daten. Die Datenerhebung bedarf einer Erlaubnis zur Datenverarbeitung gemäß eines der Erlaubnistatbestände des Art. 6 DSGVO. Im Beispiel der Fotoaufnahmen während einer Schiffstaufe kommen als Legitimation des Unternehmens (Werft) zur Anfertigung der Fotos die Einwilligungen der dem Unternehmen angehörenden Mitarbeitenden entsprechend Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a DSGVO, Art. 7 DSGVO, § 26 BDSG in Betracht.
Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Besucherfotos
Für die Anfertigung der Fotos von „externen“ Besuchern, den üblichen Teilnehmenden an einer Schiffstaufe, kann sich die Werft auf die Rechtsgrundlage „berechtigtes Interesse“ (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DSGVO) stützen (Prüfungsschema mit Erklärungen zur Veranstaltungsfotografie im „berechtigten Interesse“).
Rechtspflichten des Unternehmens als Verantwortlicher
Die Werft als Unternehmen ist für die Einhaltung der Bedingungen zur Einwilligung bei Mitarbeitenden ( Art. 7 DSGVO, § 26 BDSG) sowie zur Information der Gäste gemäß Art. 13 DSGVO über die Erstellung und Verwendung der Fotos verantwortlich. Weiter treffen als Verantwortlicher die Werft Dokumentationspflichten (Nachweispflichten, Rechenschaftspflichten) über die Einhaltung der Grundsätze der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung (Art. 5 Abs. 2 DSGVO).
Wurde zur Schiffstaufe vom Unternehmen die Presse eingeladen, siehe zur erweiterten Verantwortlichkeit des Unternehmens hinsichtlich der Datenerhebung von Mitarbeitenden durch die Presse „Fotoanfertigung unter Beteiligung der Presse – Spalte 4 der Grafik“.
Fotoanfertigung durch beauftragte und weisungsgebundene Fotografen – Spalte 2 der Grafik
Der Spalte 2 der Grafik liegt ein typischer Fotoauftrag zur Anfertigung von Mitarbeiterfotos zur Vorstellung auf der Unternehmenswebsite zu Grunde.
Verantwortung des Unternehmens
Als der Veranlasser und „Bestimmer“ über das „Ob“ und das “Wie“ der Datenerhebung „Personenfotos“ ist das Unternehmen ohne Zweifel verantwortlich für die Erstellung der Fotos. Das Unternehmen benötigt entweder einen Vertrag oder eine Einwilligung als Rechtsgrundlage zur Erstellung der Mitarbeiterfotos.
Besonderheit ist hier der Beschäftigtendatenschutz, der hohe Anforderungen an die Freiwilligkeit einer Einigung über die Anfertigung und Nutzung von Fotoaufnahmen stellt (siehe auch Erläuterungen zur Spalte 1 und Spalte 4 der Grafik).
Fotograf als Auftragsverarbeiter
Für die Fälle einer weisungsgebundenen Datenverarbeitung durch Dienstleister hat die DSGVO den Begriff „Auftragsverarbeiter“ eingeführt. Welchen Sinn und Zweck soll der Status Auftragsverarbeiter haben? Salopp ausgedrückt: Wer als Dienstleister schon nichts zu melden hat, soll (und kann!) auch nicht die ganze Last der Rechtspflichten bei der Datenverarbeitung tragen.
Was genau ist Auftragsverarbeitung und wann liegt eine Auftragsverarbeitung vor? Die DSGVO hat hierzu mit Art. 4 Nr. 8 eine Begriffsbestimmung parat: Auftragsverarbeiter ist eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet.
Entscheidend für das Vorliegen einer Auftragsverarbeitung soll der Grad der Weisungsgebundenheit des Auftragnehmers sein.
In dem Beispiel der Spalte 2 des Prüfschemas wird deutlich, dass die Fotografin keinerlei Entscheidungskompetenzen, weder rechtlich noch faktisch auf Mittel und Zweck zur Datenverarbeitung hat. Die Fotografin kann in dem Beispiel nicht auf das „Ob“ und das „Wie“ der Erstellung der Personenfotos Einfluss nehmen.
Für die Annahme einer Auftragsverarbeitung sprechen folgende Gründe:
- Bestimmung der zu fotografierenden Personen seitens des Auftraggeber unter Beaufsichtigung Auftragnehmers
- Ausführlichkeit der Weisungen bezüglich der Gestaltung
- traditionelle Rolle der journalistischen Fotografie und / oder der künstlerischen Fotografie mit ihren Freiheiten entfällt im Beispiel vollständig. Die in Anspruch genommene Fachkompetenz beschränkt sich auf Kameratechnik und Ausleuchtung entsprechend einer Vorlage ohne Handlungsspielräume zur Abweichung von den Vorgaben des Auftraggebers
- Einfluss (Entscheidungskompetenzen) der Fotografin auf die Bildauswahl und damit auf weitere Verarbeitungen besteht nicht. Denn meist werden die Bilder zur Mitarbeitervorstellung vom Unternehmen bzw. von den fotografierten Mitarbeitenden selbst ausgesucht.
- Ein weiteres Indiz für die Annahme einer Auftragsverarbeitung kann die Vertragsgestaltung zur Einräumung der Nutzungsrechte an den Fotografien sein. Werden, wie im PR-Bereich nicht unüblich, exklusive Nutzungen der Fotos „zeitlich und räumlich unbegrenzt für jede Art der Verwendung“ eingeräumt, besteht seitens des Auftragnehmers auch aus urheberrechtlichen Gründen kaum Handlungsspielraum zu einer eigenen Nutzung der Daten. Der rechtliche Einfluss auf die Werke beschränkt sich hier auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte, jedoch nur sehr eingeschränkt auf die Teilhabe im Rechtsverkehr durch Rechteeinräumungen.
Die Auftragsverarbeitung ist, entgegen der überwiegenden Meinung, in zahlreichen Fällen der Praxis der Auftragsfotografie anzunehmen. Auch wenn das in der Branche nicht gerne gehört wird: Der Berufsalltag eines Werbe- oder PR-Fotografen ist meist gerade nicht durch künstlerische Freiheiten und Entscheidungskompetenzen auf Grund seiner Fachkenntnis geprägt.
Häufig (nicht immer) werden Fotografen in der PR- und Werbefotografie seitens der Auftraggeber mittels Skizzen und detaillierten Vorgaben „gebrieft“. Dem Fotografen bleibt allein die technische Umsetzung. Der Freiberufler wird im Licht der DSGVO, welches die tatsächlichen Handlungsspielräume und Entscheidungskompetenzen zur Beurteilung der Verantwortlichkeiten beleuchtet, schnell zum Auftragsverarbeiter.
Gegenposition
Eine zu dem oben Dargelegten entgegengesätzte Position wird insbesondere durch Fotografenverbände vertreten. Danach bleibe immer genug Handlungsspielraum des beauftragten Fotografen erhalten, so dass die Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung eben in keinem Fall der Beauftragung gegeben sei.
Siehe Stellungnahmen Innen- und Rechtsauschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages „Rechtssicherheit beim Fotografieren in der Öffentlichkeit“, siehe Umdruck 19/1322 (neu) ab Seite 6.
Konsequenz entsprechend dieser Auffassung ist, dass ein Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung nach Art. 28 DSGVO zwischen Fotografen und Auftraggebern mangels Vorliegens der Umstände einer Auftragsverarbeitung entfällt. Unabhängig von den tatsächlichen Handlungsspielräumen wären danach beauftragte Fotografen stets Verantwortliche für die Anfertigung von Personenfotos und somit auch in vollem Umfang von den Rechtspflichten der Verantwortlichkeit erfasst.
Rechtsfolgen der Auftragsverarbeitung und besondere Vertragsinhalte
Ist der Fotograf auf die oben beschriebene Weise nur „Auftragsverarbeiter“, ist er privilegiert: Er selber benötigt keine Legitimation entsprechend Art. 6 DSGVO zur Erhebung der Bilddaten. Auch muss er sich nicht aktiv um die Erfüllung von Informationspflichten kümmern, die die jeweilige Rechtsgrundlage aus Art. 6 DSGVO begleiten (siehe auch oben unter „Rechtspflichten des Unternehmens als Verantwortlicher“). Der Auftragnehme ist lediglich verpflichtet den Auftraggeber bei der Wahrung von Betroffenenrechten (wie z. B. Auskunftsrechte) zu unterstützen (Art. 26 Abs. 3 Buchstabe e DSGVO).
Aber so ganz unbelastet von den Pflichten der DSGVO kann auch der Auftragsverarbeiter nicht an das Werk gehen. Für den Fall der weisungsgebundenen Datenverarbeitung sieht die DSGVO eine schriftliche Vereinbarung entsprechend Art. 28 DSGVO vor. Der sogenannte Auftragsverarbeiter-Vertrag muss die in Art. 28 Abs. 3 DSGVO beschriebenen Inhalte aufweisen.
Löschungspflichten des Fotografen „seiner“ Fotos nach Erledigung des Auftrages
Art. 28 Abs. 3 Buchstabe g DSGVO verlangt die vertragliche Regelung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber zur Abwicklung der Rückgabe oder der Löschung der Daten nach Abschluss des Auftrages. Dieses ist auch kein Problem, wenn Fotografen bei Aufträgen wie im Beispiel der Grafik (Spalte 2) beschrieben, kein Interesse an einer Archivierung der Bilddaten auf eigenen Datenträgern haben.
Ist die Fotografin (Beispiel Spalte 2 der Grafik) nun verpflichtet die Originaldaten zu löschen? Der Wortlaut der Regelung nennt nur eine (hier unzutreffende) Ausnahme von der Löschungspflicht für den Fall, dass den Auftragesverarbeiter gesetzliche Pflichten zur Speicherung der Daten treffen.
Zum Schutz der Betroffenen ist es zweckmäßig, dass Auftragsverarbeiter nach Erledigung des Auftrages die fremden Daten löschen, bzw. keinen Zugriff mehr darauf haben. Auf der andren Seite kann der Auftragsverarbeiter auch noch nach Abschluss des Auftrages ein schützenswertes Interesse daran haben, dass er die von ihm verabeiteten Daten nicht löschen muss. Ein Interessenausgleich ist, anders als für den Verantwortlichen, für den Auftragsverarbeiter jedoch nicht vorgesehen.
Die Konsequenz für die Fotografin als Auftragsverabeiterin ist damit, dass sie zur Löschung der Fotos nach Abschluss des Auftrages verpflichtet ist.
Mit dem Ergebnis lässt es sich schwer leben. Anders als Datenverarbeitungen die mittelbar zur Erstellung eine Produktes erfolgen und die danach überflüssig werden, sind Bilddaten das Produkt selbst. Fotos als Datensatz verkörpern eine geistige (wenn auch beim Auftragsverarbeiter meist kleine) und technische Leistung. Bilddaten sind für den Fotografen „sein“ Wirtschaftsgut und später mögliche Archivverkäufe sind die Altersversicherung des freiberuflichen Fotografen.
Lösungsvorschlag zum Interessenausgleich
Über die Urheberschaft und Miturheberschaft der Fotografin im Beispielfall der Grafik ließe sich gut streiten. Zumindest aber kann die Fotografin ein Leistungsschutzrecht nach § 72 UrhG (Lichtbilder) für ihre Fotos in Anspruch nehmen. Zur Wahrung ihrer aus dem Urheberrecht begründeten Rechtsansprüche besteht m.M.n. analog Art. 17 Abs. 3 Buchstabe e DSGVO keine Verpflichtung zur Löschung der Lichtbilder. Die Regelung begünstigt nach dem Wortlaut Verarbeitungen durch Verantwortliche. Im Falle einer Auftragsverarbeitung zur Erstellung von Lichtbildern, so wie im Beispiel, würde eine Löschungspflicht die Rechtsstellung der Fotografin als Erschafferin der Lichtbilder unbeachtet lassen.
Zur Wahrung der Betroffenenrechte wäre m.E.n ausreichend eine Regelung zu treffen, wie sie auch zwischen gemeinsam Verantwortlichen getroffen werden kann: Die Fotografin verpflichtet sich, die Fotos lediglich zu archivieren und auf einer verschlüsselten Festplatte zu speichern (Verpflichtung zur Einschränkung der Verarbeitung). Die Verarbeitung der bei der Fotografin verbleibenden Original-Bilddaten dürfte dann bei entsprechender Anwendung der Regelung des Art. 18 Abs. 2 DSGVO ( z. B. mit Einwilligung der abgebildeten Person) durch die Fotografin erfolgen. Diese Regelung müsste dann den Betroffenen unter Angabe des Namens und des Wohnortes der Fotografin bekannt gegeben werden.
Denkbar ist auch, dass sich eine Archiv-Regelung von Fotografien auf das „berechtigte Interesse“ von Fotografen stützen lässt. Die Datenerhebung selbst erfolgt als Auftragsverarbeiter, so wie beschrieben. Bei der Archivierung der Fotos könnten Unternehmen und Fotografin gemeinsam Verantwortliche sein. Weiter besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass die Fotografin die Langzeitarchivierung durch die fotografierten Personen mit einer Einwilligung legitimiert. Aufgrund des dann bestehenden jederzeitigen Widerrufsrecht der Einwilligung, erscheint dieses jedoch keine Lösung des Problems „Archivierung zur Wahrung von Rechtsansprüchen“ zu sein.
Handlungsempfehlung zur Regelung der Löschungspflicht des Auftragsverarbeiters
Da bisher keine Rechtsprechung zum Fotorecht und der DSGVO besteht, sollte bis zu einer Klärung entsprechend des Wortlautes der Regel des Art. 28 Abs. 3 Buchstabe g DSGVO auch die Löschung der Bilddaten vereinbart und eingehalten werden.
Fotoanfertigung durch beauftragte Fotografen mit Entscheidungskompetenzen – Spalte 3 der Grafik
Zu den erfreulichen Erfahrungen im Berufsalltag einer Fotografin oder eines Fotografen zählen Auftraggeber, die gerade auf die Individualität der Sichtweise der Beauftragten setzen. Die Spalte 3 der Grafik zeigt einen solchen Fall und die Konsequenzen für die Verantwortlichkeit der Datenerhebung.
Rechtsgrundlagen zur Erstellung der Personenfotos
Zunächst ist das Presseamt der Stadt als Veranlasser (Auftraggeber) der Personenfotos zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit Verantworlicher im Sinne der DSGVO.
Bei einer Großveranstaltung mit unbekannten und wechselnden Personen kommt als Rechtsgrundlage zur Erstellung der Fotos das „öffentliche Interesse“ entsprechend Art. 6 Abs. 1 Buchstabe e DSGVO in Betracht.
Unerheblich ist, dass die Fotografin in dem Beispiel der Spalte 3 nicht selber als Angestellte der öffentlichen Stelle handelt. Bedient sich die Stadt als öffentliche Stelle zur Datenerhebung einer natürlichen Person im Wege der Beauftragung, kann die Datenerhebung grundsätzlich auch unter Beteiligung dieser Person im „öffentlichen Interesse“ erfolgen.
Gemeinsame Verantwortlichkeit des Auftraggebers und der Auftragnehmerin
Im Beispiel der Spalte 3 bestehen für die Fotografin maßgebliche Einflussmöglichkeiten bei der Datenerhebung zur Ausführung des Auftrags der Stadt.
Für eine (Mit-) Verantwortlichkeit der Fotografin spricht:
- keine Weisungen bezüglich Erstellung bestimmter Motive und zur Anzahl der Fotos (Umfang der Datenerhebung)
- keine Beaufsichtigung bei der Auftragsausführung (z. B. durch Mitarbeiter des Presseamtes als Begleitung)
- traditionelle Rolle einer Bildjournalistin; Nutzung der gestalterischen und journalistischen Fachkompetenz
- Entscheidungskompetenzen und Handlungsspielräume bei der Motiv- und Bildauswahl am Anfang einer Verarbeitungskette. Damit maßgeblicher Einfluss auf den gesamten nachfolgenden Vorgang der Verarbeitung der Fotos der fotografierten Personen.
- Ist in dem Fotografenvertrag lediglich die Einräumung der „einfachen Nutzungsrechte“ vorgesehen, behält die Fotografin auch aus ihrem urheberrechtlichen Status ein hohes Maß an Einflussmöglichkeiten auf weitere Verwendungen der personenbezogenen Bilddaten gegenüber ihrem Auftraggeber. Auch dieses spricht für die gemeinsame Verantwortlichkeit von Auftraggeber und Auftragnehmerin.
Fraglich ist bei dieser Auftragskonstellation, ob der Auftraggeber im Stadium der Anfertigung der Fotos alleiniger Verantwortlicher ist und die Verantwortlichkeit des Auftraggebers erst bei der Bildnutzung, den Veröffentlichungen, einsetzt.
Dagegen spricht, dass die Art.-29-Datenschutzgruppe auch dann eine gemeinsame Verantwortung angenommen hat, „wenn dieselben personenbezogenen Daten nacheinander in einer Verarbeitungskette verarbeitet werden“. (Hartung, in: Kühling/Buchner (2018), Art. 26 DSGVO Rn. 16)
Weiter spricht für eine gemeinsame Verantwortlichkeit von Auftraggeber und Auftragnehmer der Zweck der Regelung des Art. 26 DSGVO: Vereinbarungen zum Zusammenwirken verschiedener Personen in ihren jeweiligen Rollen dienen dazu den Betroffenen Transparenz über die Zuteilungen der Verarbeitungen zu verschaffen. (Hartung, in: Kühling/Buchner (2018), Art. 26 DSGVO Rn. 10)
Rechtsfolgen der gemeinsamen Verantwortlichkeit
Für die Datenerhebungen im Rahmen des Auftrages des Presseamtes sind sowohl die Stadt wie auch die Fotografin als Beauftragte der Stadt gemeinsam verantwortlich. Das bedeutet, dass beide für die Einhaltung der Pflichten der Datenerhebung auf der Rechtsgrundlage „öffentliches Interesse“ (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe e DSGVO) zuständig sind.
Inhalte der Vereinbarung zur gemeinsamen Verantwortlichkeit
Entsprechend Art. 26 DSGVO muss mit einer Vereinbarung zwischen den Beteiligten geregelt werden, wie z. B. organisatorisch und durch welchen Beteiligten den Informationspflichten und der Erfüllung von Betroffenenrechten nachzukommen ist.
Im Beispiel der Spalte 3 ist es sinnvoll, wenn die Verpflichtungen aus den Betroffenenrechten (z. B. Widerspruchsrechte) durch die Stadt erfüllt werden. Denn diese hat den tatsächlich größten Einfluss auf die Datenverarbeitungen, den Zugriff auf Veröffentlichungen und damit auch die Möglichkeiten zur Löschung der publizierten Fotos.
Weiter sollte in der Vereinbarung zwischen den Beteiligten festgelegt werden, welcher Beteiligter für die Erfüllung der Informationspflichten (Art. 13 und Art. 14 DSGVO) zuständig ist. Im Beispiel kann diese Pflicht von der Fotografin erfüllt werden. Denn sie ist „vor Ort“ und im Kontakt mit den Betroffenen und sie sucht die zu fotografierenden Motive aus. Damit würde die Vereinbarung zur Pflichtenerfüllung, wie in der Literatur gefordert, die tatsächliche Beziehung der Beteiligten widerspiegeln.
Ob überhaupt, in welcher Art und inwieweit nun Informationspflichten bei einer Großveranstaltung mit unbekannten und wechselnden Publikum zu erfüllen sind, ist nicht unumstritten (siehe hier).
Rechtsgrundlage bei der Zweitvermarktung der Fotos durch die Fotografin
Ist die Fotografin nicht an eine Einräumung der exklusiven Nutzungsrechte für jede Art der Verwendung gegenüber der Stadt gebunden, besteht die Möglichkeit zur „Zweitvermarktung“ der Fotos. Das Anfertigen von Kopien und die Weitergabe der Fotos an andere als an den Auftraggeber Stadt ist jedoch dann nicht durch die Rechtsgrundlage „öffentliches Interesse“ gedeckt. Die Fotografin benötigt also spätestens bei der Weitergabe der Fotos (Kopien) an andere Personen als den Auftraggeber eine Einwilligung der Betroffenen, einen Vertrag mit Betroffenen oder eine „berechtigtes Interesse“ als Erlaubnis für alle weiteren Datenverarbeitungen, die mit der Vermarktung der Personenfotos in Verbindung stehen.
Fotoanfertigung unter Beteiligung der Presse – Spalte 4 der Grafik
Hat z. B. ein Unternehmen die Presse zu einer Pressekonferenz eingeladen und verschafft ihr die Möglichkeit zu Filmaufnahmen mit ausgewählten Mitarbeitenden, ist dem Unternehmen die Erstellung der Bilddaten zuzurechnen. Das Unternehmen bestimmt Zeitpunkt, Akteure und das Thema der Berichterstattung. Weiter besteht hausrechtlicher Einfluss auf die Durchführung der Aufnahmen, an denen das Unternehmen zudem ein wirtschaftliches Interesse hat. Damit bestimmt das Unternehmen über Mittel und Zwecke der Datenverarbeitungen bezüglich der Beschäftigten. Somit ist das Unternehmen auch Verantwortlicher im Sinne der DSGVO für die Anfertigung der Fotos und Filme durch die Presse. Nicht jedoch für das Verbreiten der Aufnahmen durch die Presse. Denn das Unternehmen hat hierauf lediglich presserechtliche Einflussmöglichkeiten.
Ausführlich zu den Verantwortlichkeiten bei Presseterminen zur Öffentlichkeitsarbeit: „Wenn die Presse kommt – Beschäftigtendatenschutz bei Foto- und Drehgenehmigungen“
Zusammenfassung
Bei der Erstellung von Fotos durch beauftragte externe Dienstleister kann es sich um eine Auftragsverarbeitung sowie auch um eine gemeinsame Verantwortlichkeit von Auftraggeber und Auftragnehmer handeln. In beiden Fällen bedarf es zwischen den Beteiligten der Datenverarbeitung schriftlicher Regelungen zur Erfüllung der Pflichten.
Den eigentlichen Status zur Verantwortlichkeit können die Parteien nicht selber vertraglich bestimmen. Eine „Abbedingung“ oder Übertragung der Verantwortlichkeit ist nicht möglich. Die von der DSGVO geforderten Vereinbarungen zwischen den Beteiligten beinhalten lediglich Zuständigkeitszuweisungen und Verpflichtungserklärungen zur Einhaltung der einzelnen Regelungen der DSGVO entsprechend des tatsächlichen Status der Beteiligten.
Die Abgrenzung zwischen gemeinsamer Verantwortlichkeit und Auftragsverarbeitung ergibt sich aus den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten der Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Je weniger Entscheidungskompetenzen und Handlungsspielräume dem beauftragten Fotografen durch den Auftraggeber zugestanden werden, umso eher ist der Fotograf lediglich Auftragsverarbeiter und der Auftraggeber alleiniger Verantwortlicher für die Verarbeitungsvorgänge der bestellten Leistungen.
Bedient sich ein Unternehmen oder eine öffentliche Stelle geladener Presse zur Öffentlichkeitsarbeit, entbindet das nicht von der Verantwortlichkeit zur Datenerhebung bezüglich der Erstellung von Mitarbeiterfotos bzw. Filmaufnahmen von Mitarbeitenden.
(letzte Aktualisierung dieses Artikels am 24. Januar 2019)
Der Autor dieses Artikels, Christian W. Eggers, ist auf die technische Schulung und Beratung von Unternehmen im digitalen Bildrechtemanagement spezialisiert, als freier Dozent tätig, Autor des Ratgeberbuches Quick Guide Bildrechte (Springer Gabler) und ab Oktober 2018 als betrieblicher Datenschutzbeauftragter mit dem Schwerpunkt Datenschutz in der Öffentlichkeitsarbeit tätig.