Letzte Aktualisierung: 31. Januar 2019
In diesem Artikel geht es um die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, Vereinen sowie öffentlichen Einrichtungen bei Pressekonferenzen sowie Film- und Fotogenehmigungen innerhalb der Räumlichkeiten der Organistaion.
Eine übliche Konstellation von Beteiligten in der Öffentlichkeitsarbeit besteht in der Hinzuziehung der Presse zur Verbreitung der Themen der Unternehmen, Vereine und öffentlichen Einrichtungen. Häufig wird der Presse Gelegenheit gegeben, vom Unternehmen präsentierte Mitarbeitende bei der Arbeit zu filmen und zu fotografieren. Weitere Konstellationen sind die Erteilung von Dreh- und Fotogenehmigungen auf Ersuchen der Presse und der nicht seltene Fall der von Unternehmen gegen Aufwandsentschädigung beauftragten Presse.
Soweit die Presse Daten zur Berichterstattung erhebt, unterliegen diese Daten auf Grund des sogenannten Medienprivilegs nicht den Regelungen der DSGVO. Damit ist die Presse, soweit Daten zu journalistischen Zwecken verarbeitet werden, auch nicht Verantwortlicher im Sinn der DSGVO. Das Anfertigen von Personenaufnahmen durch die Presse zur Berichterstattung beurteilt sich nach dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (APR) und die Veröffentlichungen von Personenfotos sowie Filmaufnahmen von Personen unterliegen den “milderen” Regelungen zum „Recht am Bild“ entsprechend dem Kunsturheberrechtsgesetz (KUG).
Das bedeutet jedoch nicht, dass z. B. ein Unternehmen damit zwangsläufig keine Verantwortung für die Bildaufnahmen von Beschäftigten durch die Presse trägt. Ob ein Unternehmen, Verein oder eine öffentliche Einrichtung dann Verantwortlicher im Sinne der DSGVO ist, beurteilt sich nach der Art der Beziehung, die zwischen der Tätigkeit der Journalisten und der jeweiligen Organisataion besteht.
Fall 1 – Wenn die Presse auf Grund eigener Initiative tätig wird
In zahlreichen Fällen bitten Redaktionen auf eigene Initiative die Presseabteilung eines Unternehmens, eines Vereins oder einer öffentlichen Stelle um eine Drehgenehmigung bzw. um eine Fotoerlaubnis im Hause der Organisation. Zwangsläufig geraten hier Mitarbeitende in das Bild oder diese werden von den Journalisten um eine Zustimmung in die Aufnahmen gebeten. In diesen Fällen gewährt die Organisation nur den Zutritt, ohne selbst Anlässe zu schaffen und Beschäftigte etwa als Interviewpartner oder Akteure zu bestimmen.
Nach Art. 4 Nummer 7 DSGVO ist „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.
In der parallelen Diskussion zur Schul- und Kindergartenfotografie wurde argumentiert, dass ein Fotografierverbot für Eltern, Besucher und von Eltern beauftragte Fotografen sich schon aus der Stellung des Einrichtungsträgers ergäbe, wenn Fremde in der Einrichtung fotografieren. Es sei Sache des Einrichtungsträgers als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO darüber zu entscheiden, ob er Einwilligungen einhole oder eben auch nicht. Im Falle des „Nicht“ sei somit auch klar, dass Fotos untersagt seien. Dieses sei schon auf Grund der Fürsorgepflichten so zwingend.
Es ist überzogen, eine datenschutzrechtliche Verantwortung aus dem Gewährenlassen zu konstruieren, wenn fremde Personen in den Räumlichkeiten einer Einrichtung ohne aktive Beteiligung der Einrichtung Fotos anfertigen. Vielmehr können und sollen Regelungen sowie ausdrückliche Verbote (wenn nötig) im Rahmen des Hausrechts zur Erfüllung der Fürsorgepflichten ausgesprochen werden.
Wird der Presse lediglich Zugang zum Grundstück gewährt, wird der Hausrechtsinhaber damit nicht zum Verantwortlichen (im Sinne der DSGVO) für Bildaufnahmen von Mitarbeitenden. Die Presse entscheidet in diesen Fällen völlig unabhängig ohne eine Beziehung zum Unternehmen, Verein oder der öffentlichen Einrichtung über die Zwecke sowie über Mittel der Bildaufnahmen. Weiter ist es Sinn und Zweck des Medienprivilegs, die freie journalistische Berichterstattung zu ermöglichen. Würde der Inhaber des Hausrechts „automatisch“ zum Verantwortlichen, allein weil er der Presse Zutritt gewährt hat, wäre schon im Vorfeld die journalistische Arbeit erschwert oder sogar verhindert, weil eine öffentliche Einrichtung wie z. B. eine staatliche Universität die datenschutzrechtliche Haftung befürchtet. Dieses Ergebnis kann nicht im Interesse einer verfassungsrechtlich verankerten „freien“ Presse sein. Fürsorgepflichten gegenüber Beschäftigten sind hier nicht über eine (nicht bestehende) datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit einzuhalten, sondern über das Hausrecht umzusetzen.
Umsetzung der Fürsorgepflichten über das Hausrecht
Dennoch bestehen in Beschäftigtenverhältnissen Fürsorgepflichten gegenüber den Arbeitnehmern, wenn der Presse Zugang zwecks Bildaufnahmen erteilt wird. Eine Lösung kann darin liegen, der Presse Verhaltensregeln gegenüber Mitarbeitern zu erteilen. Eine sinnvolle Regelung für die Presse kann sein, dass diese verpflichtet wird, Einwilligungen entsprechend des KUG von Beschäftigten zur Anfertigung und Nutzung der Bildaufnahmen einzuholen. Weiter sollten die Mitarbeitenden zuvor über den Besuch der Presse und den Anlass der Aufnahmen informiert werden und es ihnen freigestellt sein, die Bereiche, in denen die Presse Zutritt hat, zu meiden, ohne dass dem Mitarbeitenden daraus Nachteile erwachsen. Zusätzlich sollte ein Kamerateam von einem Pressesprecher begleitet werden, damit die Einhaltung der zuvor erteilten Verhaltensregeln zu den Personenaufnahmen von Mitarbeitenden auf dem Gelände und im Hause der Organisation kontrolliert werden können.
Fall 2 – Verantwortlichkeit bei Dreh- und Fotogenehmigungen geladener Presse
Hat z. B. ein Unternehmen die Presse zu einer Pressekonferenz eingeladen und verschafft ihr die Möglichkeit zu Filmaufnahmen mit ausgewählten Mitarbeitenden, ist dem Unternehmen die Anfertigung der Bilddaten als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO zuzurechnen. Denn das Unternehmen bestimmt Zeitpunkt, Akteure und das Thema der Berichterstattung. Weiter besteht hausrechtlicher Einfluss auf die Durchführung der Aufnahmen, an denen das Unternehmen zudem ein wirtschaftliches Interesse hat. Damit bestimmt das Unternehmen maßgeblich über Mittel und Zwecke der Datenverarbeitungen bezüglich der Beschäftigten. Unerheblich dabei ist, dass sich das Unternehmen hierbei der privilegierten Presse bedient. Mit Blick auf die Schutzwürdigkeit Beschäftigter im „Machtgefälle“ ist es auch folgerichtig, dass das Unternehmen auch Verantwortlicher im Sinne der DSGVO für die Anfertigung der Fotos und Filme durch die Presse ist, wenn es entscheidenden Einfluss auf die Anfertigung der Aufnahmen Mitarbeitender ausübt. Nicht jedoch ist das Unternehmen für das Verbreiten der Aufnahmen durch die Presse verantwortlich. Denn das Unternehmen hat in diesem Punkt der Verarbeitungskette lediglich noch presserechtliche Einflussmöglichkeiten auf die „freie“ Presse.
Umsetzung der Einwilligungen und Risikoaufklärungen gegenüber Beschäftigten
Erforderlich ist zum Schutz der Mitarbeitenden eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO, § 26 Abs. 2 BDSG-neu zur Erstellung der Bildnisse durch die Presse. Diese ist vom Arbeitgeber als Verantwortlichem einzuholen. Dabei muss das Unternehmen bzw. die öffentliche Stelle oder der Verein Mitarbeitende über Risiken der Datenerhebung aufklären. Weiter ist zu bedenken, dass arbeitsrechtliche Führsorgepflichten insbesondere gegenüber minderjährigen Auszubildenden bestehen; selbst dann, wenn sowohl die Zustimmung des Minderjährigen wie auch die Zustimmungen der sorgeberechtigten Elternteile vorliegen.
Freiwilligkeit der Einwilligung: Zur Umsetzung der Bedingung „Freiwilligkeit“ der Einwilligung enthalten die Leitlinien der Artikel-29-Datenschutzgruppe zur Einwilligung gemäß Verordnung 2016/679, WP 259 rev. 01, S. 8 ein Beispiel:
„Eine Film-Crew wird in einem bestimmten Teil eines Büros filmen. Der Arbeitgeber bittet alle Arbeitnehmer, die in diesem Teil der Büros sitzen um ihre Einwilligung, gefilmt zu werden, da sie möglicherweise im Hintergrund des Videos erscheinen. Diejenigen, die nicht gefilmt werden möchten, werden in keiner Weise bestraft, sondern erhalten für die Dauer der Filmaufnahmen einen entsprechenden Schreibtisch an einer anderen Stelle in dem Gebäude.“
Risikoaufklärung im Einwilligungstext: Die Besonderheit in den Fällen, in denen Organisationen sich der Presse bedienen, liegt darin, dass sich Betroffene gegen die Verwendungen durch die Presse nicht aus Betroffenenrechten der DSGVO wehren können. So wäre ein jederzeitiger Widerruf der Einwilligung zur Verhinderung von Veröffentlichungen gegenüber der Presse nicht gegeben. Auch ein Widerruf gegenüber dem Verantwortlichen der Datenerhebung, also dem Unternehmen, Verein oder der öffentlichen Stelle ist wirkungslos, da diese Organisationen faktisch keinen und rechtlich nur sehr bedingten (presserechtlichen) Einfluss auf weitere Datenverarbeitungen durch die Presse nehmen können. Und auch der Betroffene kann, wenn die Aufnahmen angefertigt sind, keine Betroffenenrechte aus der DSGVO gegenüber der Presse geltend machen. Diese Schmälerung der Rechtsposition des Mitarbeitenden mit den daraus resultierenden persönlichen Risiken muss dem Mitarbeitenden in verständlicher Sprache als „willensbildender Bestandteil“ des Einwilligungstextes deutlich gemacht werden.
Fall 3- Verantwortlichkeiten im Sonderfall der beauftragten Presse durch Unternehmen
Über die Fälle einer gegen Vergütung im Unternehmen tätigen Presse (Verlage und TV-Sender) wird in der Branche nicht gerne laut gesprochen. Des Öfteren werden die Honorarzahlungen etwas verschämt als “Aufwandsentschädigungen” vertraglich vereinbart. Soweit derartige Beiträge bei der Verbreitung durch die beauftragten Presseunternehmen auch als Anzeige bzw. als Werbesendung kenntlich gemacht werden, bestehen aus presserechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Gründen keine Einwendungen gegen diese Praxis.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ergibt sich in den Fällen der mit “Aufwandsentschädigungen” vergüteten Presse keine Änderung für das Unternehmen gegenüber dem Fall der eingeladenen Presse (Fall 2). Das Unternehmen ist Verantwortlicher für die Datenerhebungen und muss diese mit Einwilligungen legitimieren.
Bedient sich das Unternehmen jedoch bei der Verbreitung redaktioneller Beiträge der Presse als bezahltem Dienstleister, erstreckt sich die Verantwortlichkeit des Unternehmens nicht nur auf die Datenerhebung, sondern auch auf alle Verwendungen, die durch den Presseverlag oder TV-Sender vorgenommen werden. Denn das Unternehmen bestimmt in diesen Fällen meist Inhalte des Beitrages und den Ausstrahlungszeitpunkt ähnlich eines Anzeigenkunden.
Ein Presseunternehmen, das gegen Honorar tätig wird, ist nicht mehr von den Vorschriften des Datenschutzes im Wege des Medienprivilegs ausgenommen. Denn das Medienprivileg als Folge der Ermöglichung der Pressefreiheit schützt die Unabhängigkeit der Presse. Jedoch nicht eine Presse, die sich am Markt zusätzlich als Kommunikationsagentur gegen Vergütung betätigt. Die Folge ist, dass in den Fällen der beauftragten Presse das Unternehmen wie auch der betreffende Presseverlag oder TV-Sender Verantwortliche im Sinne der DSGVO sind. Eine Einwilligung der Beschäftigten ist unerlässlich. Weiter bedarf es dann auch einer Vereinbarung gemäß Art. 26 DSGVO zur gemeinsamen Verantwortung zwischen dem an der Datenverarbeitung beteiligten Unternehmen und dem TV-Sender (oder Presseverlag) sowie einer umfassenden Aufklärung der betroffenen Mitarbeitenden über die Verantwortlichen im Rahmen der Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO.
Christian W. Eggers, 24. Januar 2019; letzte Aktualisierung des Artikels am 31. Januar 2019
Der Autor ist Fotoredakteur, Dozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen und zertifizierte Fachkraft für Datenschutz.