Proaktive urheberrechtliche Auskunftspflicht über Werke im Bildpool zur Unternehmens- und Behördenkommunikation

Mit der Einführung der Regelung der proaktiven Auskunft nach § 32d Urheberrechtsgesetz (UrhG) besteht in Unternehmen und Behörden Unsicherheit darüber, welchen Urhebern von Videos, Grafiken und Fotografien jährlich ohne Aufforderung Auskunft und Rechenschaft über Nutzungen der Bilder im Bildbestand zu erteilen ist.

Anwendbarkeit des § 32d UrhG auf Bildbestände der  Öffentlichkeitsarbeit, des Marketings und der Werbung

Die Regelung des § 32d UrhG ist historisch insbesondere motiviert durch das Transparenzinteresse von Urhebern, die ihre Werke im Rahmen von Lizenzverträgen durch Vertragspartner verwerten lassen. So beispielsweise in der Konstellation Autorin und Verlag sowie Fotografin und Fotoagentur.  

In diesen engen Konstellationen der vertraglichen Bindung soll dem Interesse der Urheber zu wissen, welche Erträge tatsächlich mit ihren Werken durch den Vertragspartner erwirtschaftet werden, genüge getan werden. Erreichen beispielsweise Buchpublikationen eine unerwartet hohe Auflage, kann der Urheber, der beispielsweise zuvor mit einer Pauschale vergütet wurde, unter Umständen im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG) eine Vertragsanpassung bzw. „Nachvergütung“ verlangen.

Es stellt sich die Frage, ob die „strengen“ gesetzlichen Pflichten zur Auskunft und Rechenschaft gemäß § 32d UrhG überhaupt auch auf die Fälle anwendbar sind, in denen der Vertragspartner eines Urhebers gar kein Interesse an der Weitervermarktung des fremden Werkes hat, sondern sich als Lizenznehmer darauf beschränkt, Bilder für seine eigene Unternehmenskommunikation zu nutzen. Die Wertschöpfung des Lizenznehmers besteht in diesen Fällen lediglich in der Nutzung des fremden Werkes für seine Zwecke der Selbstdarstellung in der Kommunikation, dem Marketing und der Werbung. Jedoch nicht darin, das fremde Werk selbst zu vermarkten und damit Einnahmen zu erzielen.

32d UrhG benennt als Auskunfts- und Rechenschaftsverpflichtete „Vertragspartner“ des Urhebers. Räumt ein Urheber einem Unternehmen oder einer natürlichen Person Nutzungsrechte ein, ist der so Begünstigte Vertragspartner als Lizenznehmer. Im Kontext der Regelung des § 32 UrhG (Anspruch auf angemessene Vergütung), die einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung beinhaltet, kann § 32d UrhG nicht so verstanden werden, dass lediglich Vermarkter fremder Werke Vertragspartner im Sinne des § 32d UrhG sind. „Anspruchsverpflichteter ist der Vertragspartner des Urhebers, dem er das Nutzungsrecht eingeräumt hat, und zwar unabhängig davon, ob er das Werk selber nutzt oder dies Dritten gestattet.“ (Dreier/Schulze, §32 Rn. 17)

Auch wenn es unverhältnismäßig erscheint: Die proaktive Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gemäß § 32d UrhG verpflichtet grundsätzlich auch Lizenznehmer, die das fremde Werk lediglich für sich selbst nutzen und keine Erträge über Lizenzvergaben mit fremden Werken erwirtschaften.

Kein vertraglicher Ausschluss der Auskunftspflicht

Sinn und Zweck der Regelung der proaktiven jährlichen Auskunft ab dem Zeitpunkt der Nutzung eines fremden Werkes ist es, dem Recht auf angemessene Vergütung der Urheber und Urheberinnen gemäß § 32 UrhG gegenüber den Nutzenden Vertragspartnern durch Transparenz Nachdruck zu verleihen. Die schriftlich zu erteilende Auskunft muss nach § 32d UrhG Angaben über alle Arten der Nutzung, der Erträge und geldwerten Vorteile enthalten.

Urheber sollen so die Möglichkeit erhalten ihr gesetzliches Recht auf Vertragsanpassung und Nachvergütung wahrnehmen zu können. Die gesetzliche Auskunftspflicht kann daher auch nicht durch Absprachen zwischen Urheber und Vertragspartner ausgeschlossen werden (§ 32d Absatz 3 Satz 1 UrhG).

Verwaltungsaufwand bei großen Bildbeständen für die Unternehmens- und Behördenkommunikation

Für die zahlreichen Fälle der einzelnen Nutzung von Videos, Fotografien und Grafiken durch Unternehmen und Behörden im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Marketing mit ihren unterschiedlichen digitalen Verbreitungswegen erscheint die „strenge“ Regelung zur jährlichen proaktiven Auskunfts- und Rechenschaftspflicht bei der schnelllebigen, massenhaften digitalen Publikation sowie der Vielfältigkeit der Nutzungen einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand mit sich zu bringen.

In der Praxis sammeln sich im Laufe der Jahre in den intern genutzten Archiv-Bilddatenbanken der Unternehmen und Behörden erhebliche Bildbestände an; nicht selten bis zu 100.000 Dateien. Es stellt sich die Frage, ob bei der Vielzahl von verschiedenen Urhebern und der Nutzungen im digitalen Bildverkehr jeder einzelne Urheber über die Nutzungen, von der Archivierung bis zur Veröffentlichung,  jährlich informiert werden muss.

Konsequenzen der Verletzung der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht

Der Urheber kann bei der Verletzung der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht keinen Strafantrag gemäß § 109 UrhG stellen. Kommt der Auskunftspflichtige seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nach, sind hieran keine gesetzlichen Sanktionen wie Bußgelder oder gar Freiheitsstrafen geknüpft.

Rechte des einzelnen Urhebers bei Nichterteilung der Auskunft

Im Falle der Nichterteilung der Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners des Urhebers kann der Urheber seinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung der Auskunft und Rechenschaft auf dem Rechtsweg verfolgen. 

Erteilt der unmittelbare Vertragspartner die Auskunft nicht und hat der Vertragspartner anderen Personen Nutzungsrechte an dem Werk des Urhebers eingeräumt, kann dieser grundsätzlich den gesetzlichen Auskunftsanspruch auch gegen diese fremden Nutzer geltend machen. § 32e UrhG soll damit den Urhebern ermöglichen einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft auch gegen Auftraggeber und Lizenznehmer des Vertragspartners geltend zu machen.    

Unterlassungsanspruch nach § 36d UrhG

Nach § 36d UrhG besteht bei der mehrfachen Nichterteilung von Auskünften ein Unterlassungsanspruch der Werknutzung des Urhebers gegen seinen Vertragspartner und Dritte in der Lizenzkette. Der Unterlassungsanspruch nach § 36 d UrhG kann jedoch nicht von einzelnen Urhebern geltend gemacht werden, sondern lediglich durch „Vereinigungen von Urhebern“, wie zum Beispiel den Verwertungsgesellschaften.

Von der Auskunftspflicht umfasste Bilddaten

Ist jeder einzelne Urheber, dessen Werk sich in der Mediendatenbank einer Organisation  befindet, einmal jährlich über die Nutzungen zu informieren?  Die Frage lässt sich nicht generell beantworten. Abzustellen ist auf die Art des Lizenzerwerbes, die Herkunft der Bilddateien und auf die Nutzungshandlungen.

So befinden sich in den Bildarchiven zur Unternehmenskommunikation typische Bestände, die nach Herkunft geordnet werden können und die rechtlich hinsichtlich der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht unterschiedlich behandelt werden.

Die Bestände lassen sich nach ihrer Herkunft wie folgt einteilen:

  • Werke, die im Rahmen von Open Content Lizenzen genutzt werden und andere Werke, die unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden
  • Werke von tarifvertraglich Beschäftigten
  • Werke, die von Fotoagenturen geliefert werden
  • Werke, die im Auftrag eines Unternehmens oder einer Behörde von Freiberuflern erstellt werden

Die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht besteht für diese Gruppen der „Bildlieferanten“ nicht einheitlich.

Auskunftspflicht geordnet nach Herkunft der Bilder. Grafische Umsetzung: Klaus Diemer / www.nordbild.com

Entgeltlichkeit des Lizenzerwerbes und Open Content

Die gesetzliche Auskunftspflicht besteht nur gegenüber Urhebern und Urheberinnen, die dem Vertragspartner Nutzungsrechte entgeltlich eingeräumt haben. Das bedeutet, dass die Vergütung durch Geldleistungen erfolgt sein muss. Gefälligkeiten oder Vergütungen durch geldwerte Vorteile erfüllen nicht die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch nach § 32d UrhG. Damit sind auch die Werke, die im Rahmen von „Open Content“ Konzepten, wie etwa die mittels „Creative Commons Lizenzen“ erworbenen Nutzungsberechtigungen, nicht von einer Auskunftspflicht erfasst.

Ausnahme Lizenzerwerb in Arbeits- bzw. Dienstverhältnissen

Aus § 32 Abs. 2 UrhG in Verbindung mit § 32d Absatz 3 UrhG geht hervor, dass bei tarifvertraglich geregelten Arbeits- und Dienstverhältnissen eine proaktive Auskunftspflicht nicht besteht. In diesen Fällen sind die Urheberinnen und Urheber, soweit sie Werke im Rahmen ihrer Verpflichtungen erbringen, nicht nach § 32 d UrhG auskunftsberechtigt. Der Arbeitgeber bzw. Dienstherr muss daher auch nicht jährlich ab Zeitpunkt der Werknutzungen „automatisch“ Auskunft über die Nutzungen des betreffenden Werkes erteilen.

Ausnahme Unterlizenznehmer – Stockfotos der Bildagenturen

Befinden sich fremde Stockfotos im Bestand eines Bildpools einer Organisation und wurden diese Fotos im Rahmen einer vertraglichen Beziehung zwischen Agentur und nutzender Organisation geliefert, handelt es sich bei der Organisation zwar um einen Lizenznehmer, aber erst an zweiter Stelle. Die erste Rechteeinräumung an dem betreffenden Werk zur Vermarktung durch die Agentur fand zwischen Agentur und Urheber statt. Nämlich im Rahmen eines „Agenturvertrages für Fotografen“.  Es wird demnach eine Lizenzkette begründet, wenn Fotos von der Organisation (Unternehmen, Behörde) genutzt werden. Die Organisation ist lediglich „Unterlizenznehmer“.

Gemäß § 32e UrhG ist die Auskunft und Rechenschaft hier lediglich subsidiär. Das bedeutet, dass erst dann, wenn es dem Urheber nicht möglich ist vom ursprünglichen und unmittelbaren Vertragspartner Auskunft zu erhalten, Unterlizenznehmer gegenüber dem Urheber zur Auskunft auf Nachfrage verpflichtet sind. Im Falle Verweigerung der Auskunft einer Stockfotoagentur können die Urheber theoretisch auf Nachfrage Auskunft über die Nutzungen ihrer Werke durch Kunden der Fotoagentur erhalten. 

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Eine Stockagentur, die fremde Werke vermarktet, ist nicht Träger des Auskunftsanspruchs nach § 32 d UrhG. Anspruchsberechtigt können nur Urheber sein. Daher muss auch nicht gegenüber einer Fotoagentur Auskunft und Rechenschaft gemäß § 32d UrhG abgelegt werden.

Zumutbarkeit der Auskunft bei Unterlizenznehmern

Soweit ein Unterlizenznehmer nach Aufforderung durch den Urheber zur subsidiären Auskunft verpflichtet sein könnte, weil vom unmittelbaren Vertragspartner keine Auskunft zu erhalten ist, entfällt diese Verpflichtung dann, wenn dem Nutzer die Auskunft nicht zumutbar ist. Es gilt hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

„Auch wenn der Wortlaut des Artikel 19 Absatz 2 DSM-RL dafür sprechen könnte, dass jeder Unterlizenznehmer zur Auskunft verpflichtet ist, erscheint es zweckmäßig, die Beschränkung des Kreises der Auskunftsverpflichteten nach § 32e Absatz 1 Nummer 1 und 2 UrhG a. F. zu erhalten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Artikel 19 Absatz 3 DSM-RL) ist nämlich insbesondere bei Auskünften in der Lizenzkette zu beachten: Denn wenn kreative Leistungen in vielgliedrigen komplexen Strukturen verwertet werden, gerade im digitalen Kontext, erscheint es unverhältnismäßig, jeden Unterlizenznehmer zur Auskunft zu verpflichten. Deshalb bleiben auch künftig nur diejenigen Dritten passivlegitimiert, die die Nutzungsvorgänge in der Lizenzkette wirtschaftlich wesentlich bestimmen oder bei denen außerordentliche Erträge angefallen sind, die eine weitere Beteiligung des Kreativen rechtfertigen.“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 19/27426, 19. Wahlperiode, 09.03.2021, Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes)

Zwischenergebnis

Nicht von der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gemäß § 32d UrhG umfasst sind Werke

  • die ohne jegliche Vergütung überlassen wurden ( zum Beispiel „Open Content“)
  • deren Vergütung nicht durch Entgelt (Geldzahlungen) erfolgt und
  • Bildnutzungen von Werken, die im Rahmen von tarifvertraglich geregelten Arbeits- und Dienstverhältnissen geliefert wurden sowie
  • Werke, die auf Grund einer Vertragsbeziehung zwischen einer Fotoagentur und Fotografen Nutzern überlassen werden (Stockfoto-Agenturen wie zum Beispiel Getty Image).

Auskunftspflicht gegenüber Vertragspartnern bei Foto- und Grafikaufträgen

Eine für die Praxis bedeutsame Bildquelle sind Werke, die als Auftragsarbeiten durch freiberufliche Fotografinnen und Fotografen für eine Organisation angefertigt werden. In diesen Fällen besteht grundsätzlich die proaktive Auskunftspflicht seitens der nutzenden Organisationen gegenüber den Urhebern.

Hintergrund zur Verpflichtung zur proaktiven Auskunft

Sinn des  Auskunftsanspruches nach § 32 d UrhG ist die Durchsetzung einer angemessenen Vergütung der Urheber und Urheberinnen. Es werden daher die Nutzungshandlungen von der Auskunft erfasst, aus denen der Vertragspartner „Erträge und Vorteile“ (§ 32d Absatz 1 Satz 1 UrhG) erlangt. So kann der Urheber als Vertragspartner des Nutzers erkennen, ob Nutzung und Honorar in einem angemessenen Verhältnis stehen. § 32d UrhG erfasst insbesondere die zahlreichen Fälle, in denen der Freiberufler als Künstler sein „geistiges Eigentum“ zur Nutzung überlassen hat und der Künstler sich Klarheit über die Wertschöpfungen seiner Werke durch Vertragspartner verschaffen will. Der Schöpfer soll sich nicht einer meist wirtschaftlich viel stärkeren Organisation (zum Beispiel einem Verlag) gegenüber sehen, die er lange bitten muss. Daher ist die Verpflichtung zur proaktiven Auskunft eine weitrechend urheberfreundliche und auch sinnvolle Regelung, die das „Leerlaufen“ des Anspruchs auf angemessene Vergütung verhindert. Der Urheber kann auf Grund der Auskunft unter den Umständen einer unangemessenen Vergütung im Sinne des § 32 UrhG eine Vertragsanpassung verlangen.   

Die gesetzliche Pflicht zur Rechenschaft und Auskunft besteht jedoch nicht ausnahmslos. § 32 d Absatz 2 UrhG enthält zwei Ausnahmen, die von der Pflicht befreien. Diese bestehen dann, wenn ein Werk nur nachrangig genutzt wird und/oder die „Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünde.“ Der Vertragspartner muss nachweisen können, dass ihm die Auskunft nicht zumutbar ist, weil das Interesse des Urhebers den Aufwand der Auskunft nicht rechtfertigt. Diese Ausnahmen sollen bei Nachrangigkeit des genutzten Beitrags bestehen und/oder auch dann, wenn nur geringe Erträge aus der Nutzung hervorgehen. 

Ausnahmen der Auskunftspflicht gegenüber Vertragspartnern

Die Reglung des § 32d Absatz 2 UrhG sieht Ausnahmen von der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht vor, wenn die Auskunft unverhältnismäßig gegenüber den Interessen des Urhebers ist. Dafür ausdrücklich benannt wird zunächst die „Nachrangigkeit“ einer Nutzung.

Nachrangigkeit

Nicht zur Auskunft und Rechenschaft ist der Nutzer dann verpflichtet, wenn der Urheber ein Werk geliefert hat, das wiederum in einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung des Nutzenden verwendet wird und das Werk des Urhebers dafür wenig prägend ist.

Beispiel zur Nachrangigkeit eines Beitrags

Fotografin F fertigt mit Auftrag des Unternehmens regelmäßig Produktfotos an. Sie räumt dem Unternehmen die ausschließlichen Nutzungsrechte für Print und Internetveröffentlichungen ein. Im 80 Seiten umfassenden Geschäftsbericht des Unternehmens wird zur Auflockerung ein Produktfoto von F im Fließtext neben Tabellen mit Umsatzzahlen gedruckt. Hier ist der Beitrag der F in seiner Bedeutung nicht maßgeblich für den typischen Inhalt des Geschäftsberichts. „Wird in einem Textwerk ein Foto abgedruckt, ohne dem Werk eine besondere Note zu verleihen, wird man es ebenfalls als nachrangig bezeichnen können.“ (Dreier/Schulze, § 32 d Rn. 12)

Auch dann, wenn der Geschäftsbericht Fotos zahlreicher Urheber enthält,  kann das einzelne Bild der F als nachrangig angesehen werden. Denn über einzelne Beiträge in Sammelwerken (Publikation verschiedener Autoren) soll auf Grund des erheblichen Mehraufwandes der Auskunft keine Pflicht hierzu bestehen. (Dreier/Schulze, § 32d Rn. 12)

Anders liegt der Fall, wenn das Produktfoto der F für eine Einladungskarte zur Produktpräsentation dient und die Vorderseite der Karte schmückt. In diesem Fall ist der Beitrag der F zentral für das „Werk Einladungskarte“.

Aus § 32 Absatz 2 Nr. 2 aus dem Begriff „Unverhältnismäßigkeit“ geht hervor, dass die Beurteilung, ob über eine Nutzung Auskunft zu erteilen ist oder nicht, eine Frage der Verhältnismäßigkeit ist. In dem oben beschriebenen Beispiel „Geschäftsbericht“ tritt das Recht auf Auskunft zurück, weil die Bedeutung des Beitrages den Aufwand der Auskunft nicht rechtfertigt.

Unverhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Einnahmen aus der Werknutzung

32d Absatz 2 Nr. 2 UrhG benennt einen weiteren Fall der Unverhältnismäßigkeit der Pflicht zur Auskunft. Dabei geht es um das Verhältnis zwischen Aufwand des Auskunftsgebers und dem Ertrag, der mit der Nutzung des fremden Werkes erzielt wird. Diese Abwägung bewegt sich zwischen dem Interesse des Vertragspartners Verwaltungsarbeit zu begrenzen und dem Interesse des Urhebers Nutzungen des Vertragspartners zu kennen, die unter Umständen einen Anspruch zur Vertragsanpassung einer angemessenen Vergütung begründen können.

Beispiel einer Interessenabwägung zwischen Aufwand des Vertragspartners und dem Transparenz-Interesse des Urhebers

Fotografin F fertigt mit Auftrag des Unternehmens U regelmäßig Produktfotos an. Sie räumt dem Unternehmen Nutzungsrechte mit dem ausdrücklichen Recht zur Lizenzierung weiterer Nutzer für Print und Internetveröffentlichungen ein. U erteilt neuerdings Händlern im Händlernetz des U Lizenzen zur Nutzung der Fotos. Für die Rechteeinräumung berechnet U gegenüber den jeweiligen Händlern einen Pauschalbetrag von 1.200 Euro. In diesem Fall liegt es auf der Hand, dass F ein Interesse an der Kenntnis der Unterlizenzierung der Händler und der daraus entstehenden Erträge hat und dass der Auskunftsaufwand gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Urheberin F nicht unverhältnismäßig ist.  

Die genauen Grenzen zwischen Nachrangigkeit und „maßgeblicher Bedeutung“ eines Beitrages kennt derzeit niemand. Ebenso wird es schwierig abzuschätzen sein, ab welchen Erträgen aus der Werknutzung der Aufwand der Auskunft die Interessen des Urhebers übersteigt und damit eine Auskunftspflicht entfällt.

Erst mit der Herausbildung einer Rechtsprechung hierzu können zukünftig Fallgruppen gebildet werden, die für den dann immer noch im Einzelfall zu behandelnden Sachverhalt eine Entscheidungshilfe geben können.

Inhalt der Auskunft und Rechenschaft

Mit dem Einstellen fremder Werke in die Mediendatenbank und der Recherchierbarkeit dieser Werke für Mitarbeitende der jeweiligen Organisation beginnt die Nutzung. Hieran schließen sich die weiteren üblichen Nutzungen für die Unternehmens- und Behördenkommunikation an.

Die schriftliche Auskunft über Nutzungshandlungen von Fotos muss in der Konsequenz der Regelung des § 32d UrhG  folgende Angaben ab Übernahme der fremden Werke in den Bildpool umfassen:

  • sämtliche inhaltlichen, örtlichen und zeitlichen Nutzungen, insbesondere Veröffentlichungen. Hierzu gehört auch die Bereitstellung der Bilder im Intranet der jeweiligen Organisation, so wie dieses mit Bilddatenbanken üblicherweise geschieht;
  • vorübergehende Nutzungen wie die Erstellung von Kopien für Layouts
  • Vergabe von Lizenzen (Namen und Adressen der Lizenznehmer jedoch nur auf ausdrückliches Verlangen des Urhebers) und Angaben zur Anzahl der Downloads;
  • Bildbearbeitungen wie Umgestaltungen und Montagen;
  • Erträge und Vorteile, insbesondere Erträge aus Rechteeinräumungen gegenüber Dritten;
  • werden Bilder aus dem Pool endgültig gelöscht, ist dem Urheber mitzuteilen, dass sein Werk nicht mehr genutzt wird.

Transfer in die Praxis

Eine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht betrifft in der Praxis nur die Bilder im Bildpool einer Organisation, die direkt vom Urheber der Organisation gegen Vergütung überlassen werden. Betroffen sind damit in der Praxis typischerweise die Werke von Freiberuflern, die im Auftrag der Organisation Werke erstellen.

Beweislast

Die Vermeidung der jährlichen Auskunft durch vertraglichen Ausschluss der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ist nicht möglich. Bezüglich der Berufung auf die Ausnahmen zur Auskunftspflicht auf Grund von Nachrangigkeit sowie der Unverhältnismäßigkeit von Aufwand und Einnahmen wird es für die jeweiligen Organisationen schwierig den Beweis des Bestehens dieser Ausschlusstatbestände zur Auskunftsverpflichtung anzutreten. Da die Beweislast beim Vertragspartner und nicht beim Urheber liegt, ist zu bedenken, dass mit der Beweisführung ebenfalls erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Zudem mit dieser „Vermeidungs-Strategie“ das Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gestört wird.

Digitales Bildrechtemanagement

Zur Vermeidung von Streitfällen und Misstrauen zwischen Urhebern und ihren Auftraggebern empfiehlt es sich, das digitale Bildrechtemanagement der Mediendatenbank mit einer ausdruckbaren Verwendungshistorie einzurichten. Die so erfassten Transaktionen bilden die Grundlage für die jährliche schriftliche Auskunft und Rechenschaft über die erfolgten Nutzungen.

Der Aufwand der Auskunft und Rechenschaft dürfte sich dann in Grenzen halten, wenn ein digitales Rechtemanagement im Medienarchiv eingerichtet ist und Organisationen mit einer übersichtlichen Anzahl von Freiberuflern mit möglichst einheitlichen Verträgen zusammenarbeiten.

Christian W. Eggers  – eggers@nordbild.com – 9. April 2023 (letzte Aktualisierung dieses Artikels am 11. April 2023)